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Endlich nutze ich mal einen Sonntag in der Neurologischen Klinik Selzer um einen wohlverdienten Tage(wochen)bucheintrag zu schreiben. Man ist hier schon nach eineinhalb Wochen so im Trott, kaum vorstellbar. Der ein oder andere hat meine neuen Projekte schon gesehen oder gehört. Es gibt gleich zwei Neuerungen bei diepfeifferin – somit war ich nicht ganz untätig in diesen Tagen.
Schon die letzten zwei Jahre habe ich stark gehadert in welche Klinik ich wohl gehen möchte. Bei einem komplexen Krankheitsbild hat man die Qual der Wahl. Wieder in eine Schmerzklinik wie vor vier Jahren auf Sylt? Mal lieber in eine Umweltklinik wegen der ganzen unspezifischen Symptome und den seltsamen Unverträglichkeiten? Oder eine Runde Heilstollen in Österreich? Allein eine psychologische Einrichtung wäre gerade nichts für mich, weil ich momentan gleichzeitig manuelle Physiotherapie brauche. Ich meine um 2016 war ich mal auf einem Schloss im Odenwald zur stationären Psychotherapie über die Rentenversicherung. Schön ruhig war es dort und es gab kein Internet. Echt nicht! Komischerweise konnten die dort gar nicht so viel mit mir anfangen, obwohl ich ja auch unter Depression litt und leide. Mal mehr und mal weniger, gerade weniger. Damals waren die Therapeuten dort teils sehr nett, aber gefühlt mit Schmerz und was das mitbringt, etwas überfordert. Ich habe dennoch die Stille und Umgebung genossen. Mehr braucht man manchmal nicht.
Hier war meine Therapeutin, wir sehen sie auch nur ein oder höchstens zweimal pro Woche, direkt die Richtige und konnte den Verlauf meiner Krankheiten gleich nachvollziehen. Therapeutenglück! Großer Vorteil für mich, denn man kann es sich ja generell kaum aussuchen. Da kämen wir auch schon in den Bereich Traumabewältigung, aber das erzähle ich lieber im Podcast nächste Woche. Da steht was ganz Seltsames an!
Im Podcast „diepfeifferin“ auf Spotify habe ich es bereits berichtet. Die Aufnahme in der Klinik beinhaltet natürlich, wie überall, ein paar Standarduntersuchungen. In diesem Fall neben Blut, Urin und Anamnese auch Restharn, sowie ein EEG. Das empfand ich, die nichts gewohnt ist, schon als sehr umfassend. Zu viel Restharn (Urin der in der Blase verbleibt trotz Blasenentleerung) kann auf unterschiedliche Probleme hindeuten. Einerseits natürlich die „normalen“ Abflussstörungen aufgrund Verengung usw. Andererseits auf eine krankhafte Harnblase, möglicherweise im schlimmsten Fall tumoral bedingt. Oder eben mit neuromuskulärer Ursache, was mich natürlich sehr interessiert hat. Man könnte dann weitergehend eine neurologische Erkrankung vermuten, weshalb die Restharnsonographie in meinen Augen so sinnvoll ist. Zugrunde liegende zentral degenerative Störungen können beispielsweise Morbus Parkinson, MS, oder Demenz sein.
Anmerkung: Pathologisch wird der Restharn angesehen, wenn dieser mehr als 15 % der gesamten Blasenkapazität beträgt. Bei mir waren es nur 56 ml und im Hinblick auf die vermessene Blase wurde dieser Parameter als o.k. befunden.
In Verbindung mit den Ergebnissen des EEGs (Elektroenzephalographie) konnte man bei mir cerebrale Dysfunktionen ausschließen, die am Ende auf vielleicht MS oder ähnliches hindeuten würden. Für eine „Fibronista“ mit mehr Symptomen als Schuhen ist das eine beruhigende Erkenntnis. Die chronischen Schmerzen machten mich irgendwann immer ängstlicher und ich dachte ich könnte unter Umständen irgendeine zusätzliche neurologische Erkrankung haben. Ein EEG repräsentiert die aggregierte elektrische Aktivität der Nervenzellen und stellt ein neurologisches Diagnoseverfahren dar.
Bisher hatte ich kaum Kontakt zu Fachärzten der Neurologie, nur einmal, vor vielen Jahren. Da war mein Gehirn nach Epstein-Barr-Infektion und Pfeifferschem Drüsenfieber nur noch neblig und ich habe alle 90 Sekunden etwas vergessen. Dieser dementielle Zustand hat mich derart irritiert, dass ich in Heide SH eine Neurologin aufsuchte mit der Bitte um Untersuchung. Sie machte dann auch ein normales EEG und es kam nichts Negatives dabei heraus. Ich dachte es müsse mindestens ein schwarzes Loch zu identifizieren sein, schließlich war die Gedächtnisleistung bei gefühlt unter 10 Prozent. Das war wirklich nicht der Fall, es war alles in Ordnung, aber sie sah das bei mir gar nichts o.k. war. Leider war mir an dieser Stelle nicht zu helfen. Sie hätte mich allerdings gerne mehr unterstützt. Es lag hier also nicht an fehlender Empathie oder Willen einer Ärztin.
Auch hier werde ich sicherlich als neurologisch „halbwegs o.k.“ eingestuft, weil weder Restharn noch EEG etwas Besonderes vermuten lassen. Das Einzige, was klar ist und auch der Chefarzt voll anerkennt ist, dass meine Nerven im gesamten Körper eine Erregungsstörung haben. Die Weiterleitung geschieht mit Hilfe von Neuronen und Muskelzellen und wird von Profis als bioelektrischer Prozess bezeichnet.
Anmerkung: Bei Multipler Sklerose beispielsweise ist die Erregungsleitung bekanntermaßen stark gestört. Auch (wie Fibromyalgie) eine chronisch-entzündliche Krankheit die mit krassen Schüben einhergeht.
Der Chefarzt ist der Meinung ich solle nochmals einen Versuch mit Medikation starten, obgleich ich Pregabalin langwierig abgesetzt habe. Er öffnete nochmals die Schublade der Antikonvulsiva (gegen Epilepsie, gegen neuropathische Schmerzen etc.) und übergab mir Gabapentin. Natürlich war es kein Zwang, denn die Ärzteschaft im Schwarzwald weiß um meine abneigende Haltung zu Medikamenten. Ich bin Queen of Nebenwirkung und verzichte dann lieber. In diesem Fall und nur bei dieser Wirkstoffgruppe mache ich eine Ausnahme und nehme jetzt schon 300 mg pro Tag Tendenz zu 900 mg pro Tag.
Das zum Ist-Zustand in der schönen Schwarzwaldklinik Selzer und mehr Infos täglich im Whatsapp Channel. Diese Tage soll es hier nochmal ordentlich schneien und da freue ich mich schon sehr darauf. Nachher geht’s spazieren und im Nu sitzen wir mit der „Hühnergäng“ wieder beim Abendessen. So nennt sich unsere gefundene Frauenfreundschaft. Was ist heilsamer als gute Freunde? @diepfeifferin